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Das kulturelle Vermächtnis: Punk heute!
Es existiert auch heute noch in den Groß-, und Kleinstädten und auch in
manchen Dörfern aller Industrieländer eine sehr lebendige Untergrund-Szene,
die weiterhin eine Anti-Haltung pflegt. Diese besteht aus verschiedensten
Richtungen, die sich aus dem traditionellen Punk entwickelt haben. Die am
eindeutigsten am Punk orientierte Gruppe sind Straßenpunks,
die auch heute noch in fast jeder europäischen Großstadt zum üblichen Straßenbild
gehören und sich mit anderen Punks mit durchaus festem Wohnsitz vermischen, mit
denen sie gemeinsam "abhängen". Häufiger Treffpunkt von obdachlosen und wohnhaften
Punks waren und sind Bauwagenplätze, auf denen der ursprüngliche
Do it yourself-Gedanke des Punk noch eine rege Alltagspraxis findet.
Doch auch jenseits dieser Gruppe ist der Punk nach wie vor lebendig.
Allerdings stellt er heute keinesfalls mehr eine einheitliche Subkultur dar.
Diese Aufsplitterung von Jugendkulturen ist allerdings ein Prozess, der sich spätestens
seit den 1990er Jahren als typisch für jeden Jugendstil erwiesen hat. Dazu gehört
der Crossover verschiedener Musik- und Kleidungsstile, sowie die Aufsplitterung eines
solchen Stils in verschiedene Subgenres. Auch relativiert die Verbreitung eines Stils
natürlich den Alleinvertretungsanspruch jeder Bewegung, die diesen Stil einst für sich reklamierte.
Vor allem aber findet dieser Mischprozess im ganz normalen Zusammenfinden von
Jugendlichen in den Parks und auf den Plätzen europäischer Kleinstädte statt, die als Hippies, Mods,
Punks, Antifas, Skater, Skins, Rastas, Rockabillies, Grufties oder Metaller versuchen,
dem Mainstream in der Provinz zu entkommen. Auch auf der künstlerischen Ebene findet
dieser Prozess statt, und hier zeigt sich, dass die kulturelle Idee des Punk immer wieder Impulse
hervorbringt, von denen die heutige Musikszene entscheidend geprägt wird. Hier steht der
Begriff auch heute noch allgemein für alles Unangepasste und Dreckige in der Musikkultur,
für den Mut zum Dilettantismus, zu einfachen Akkorden, zum Minimalismus und zur Spontanität,
für die Verweigerungshaltung gegenüber dem Etablierten, für eine postmaterialistische
Lebenseinstellung und für die Vulgarität und Unmittelbarkeit der Straße. Damit besitzt der
Punk nach wie vor eine kreative Energie. Gleichwohl hat sich der Punk damit auch als bloßer
kultureller Einfluss, als ein mögliches Stilmittel unter vielen etabliert: Ehemals klassische
Punkbands nehmen Elemente aus anderen Stilen in ihre Musik auf und bringen so Untersparten
wie Metalcore, Rapcore oder Grindcore hervor. Metal-, Folk- oder Elektroprojekte aus dem
Untergrund, aber auch Popmusiker aus dem Mainstream bedienen sich der „rohen“ und
„spontanen“ Energie, die sie in Punkrock-Riffs oder in einem extravaganten Nasenpiercing
auszumachen meinen. Für viele europäische und amerikanische Weltmusik- bzw. Folkbands
etwa ist der Punk die einzige Ausdrucksmöglichkeit, in der sich traditionelle musikalische
Themen und ein modernes Lebensgefühl miteinander verbinden lassen
(so etwa The Pogues, The Gun Club, Leningrad oder Gogol Bordello).
Vermischung und Aufsplitterung des Punk sind hier also keinesfalls als Zeichen
seines Verschwindens misszuverstehen. Punk wird zwar in den verschiedenen
Formen des Crossover integriert, bleibt als künstlerische Form aber gerade so vital.
Natürlich gibt es gerade in solchen Prozessen immer wieder Versuche einiger,
sich selbst als Originalpunk, Altpunk oder „echter“ Punk zu stilisieren, oder die Reinheit
und Unverfälschtheit des eigenen Musik-, Kleidungs-, Freizeit- und Lebensstils gegenüber
einem so wahr genommenen „Pop-Punk“ bzw. „Kommerzpunk“ zu betonen.
Diese Abgrenzungsprozesse stellen aber ihrerseits wieder den Beginn neuer, gemeinsamer
kreativer und identitätsstiftender Impulse dar. Gerade kommerziell erfolgreich Rockbands
wie z.B. Green Day oder blink-182, in deren Musik- und Kleidungsstil Punkelemente eine
wichtige Rolle spielen, die aber nicht als Teil einer Szene, sondern als Produkt von MTV
und Plattenindustrie größere Bekanntheit erlangten, eignen sich für eine solche Abgrenzung
besonders und bieten sich insofern als identitätsstiftendes, gemeinsames Feindbild für
all jene Richtungen des Punk an, die sich selbst als Untergrundszenen betrachten.
Ein ähnliches Anfeindungspotential besitzt aber generell jede Szene oder Band,
die irgendwann erfolgreich und etabliert wird. Die in der Zelebrierung einer solchen
Abgrenzung gegenüber dem „Establishment“ gemeinsam verbundenen Gruppen
schaffen nun ihrerseits wieder neue subkulturelle Nischen. Dabei ist „neu“ allerdings
mehr und mehr relativ, denn gerade der retrospektivische Bezug auf bereits im Szeneumfeld
als authentisch anerkannte Merkmale des „echten“ Punk ist wesentlich für so eine Szene.
So grenzten sich der Punk ’n’ Roll und der Retro-Garage Punk der späten 1990er und
frühen 2000er Jahre von den Punkströmungen der frühen 1990er Jahre ab, indem sie
auf die Stile der 1960er, 1970er und 1980er Bezug nahmen (von so unterschiedlichen
Bands wie The Sonics, den Sex Pistols, The Stooges und den Ramones, aber auch
Guns N’ Roses und AC/DC), sie kopierten und neu vermischten, Stilanleihen bei Bands
wie Nirvana oder den Red Hot Chili Peppers aber bewusst vermieden. Auf diese Weise
wurde zwar keine Musik geschaffen, die zwangsläufig authentischer gewesen wäre als
etwa der Grunge einer Band wie Nirvana, aber durch ein paar Rückbezüge auf die Stile
der noch älteren Bands konnte man für sich selbst eine Ursprünglichkeit beanspruchen,
die man dem inzwischen von der Mode- und Musikindustrie vollkommen vereinnahmten
Grunge absprach. Insofern bietet sich der Punk heute zwar nicht mehr als kulturelle
Grundlage dafür an, eine grundlegende Alternative zur Mehrheitsgesellschaft zu formulieren,
hilft aber nach wie vor immer wieder bei der Entstehung der unterschiedlichsten Szenen,
die in der Abgrenzung von jeweils wiederum sehr unterschiedlichen, aber bereits etablierten
Musik- und Lebensstilen zusammenfinden.
Punk und Politik
Der Punk propagiert oft die Anarchie. So traten Punks wie Steve Jones, Paul Cook
und Sid Vicious für den Anarchismus ein. Damit ist jedoch oftmals keine ernsthafte
politische Perspektive im Sinne anarchistischer Theoretiker wie Pierre-Joseph Proudhon
und Michail Bakunin gemeint, sondern nur die denkbar radikalste Ablehnung der
herrschenden Verhältnisse, was sich an der gemeinsamen und oft sinngleichen
Verwendung der Begriffe „Anarchie“ und „Chaos“ zeigt, beispielsweise bei Bands
wie The Exploited. Oftmals zeigt sich eine Nähe zum Nihilismus. Ein extremes Beispiel
stellt hier der 1993 verstorbene GG Allin dar.Trotzdem verstehen sich viele Punks
als politisch links. Jello Biafra, der Sänger der Dead Kennedys, ist aktives Mitglied der
United States Green Party. Anarchistische Bands wie Crass, Conflict oder Zounds
und deren Anhänger verstehen Punk als Kampf gegen das herrschende System,
insbesondere gegen die Konsumgesellschaft, gegen Institutionen aus Politik,
Wirtschaft und Kirche. So lebten die Mitglieder der Band Crass in einer Kommune als
Selbstversorger auf einem Bauernhof. Für ihre Tonträger und für den Eintritt zu ihren
Konzerten verlangten sie nur die Selbstkosten. In ihrem Bestreben, in jeder Beziehung
selbstbestimmt zu leben, lehnten sie den Verzehr von Fleisch ebenso ab wie den Konsum
von Drogen. In einem ihrer Songs heißt es: „They say that we were trash - well, the name
is Crass, not Clash“, also: „Sie sagen, wir sind Müll – gut, [aber] wir heißen Crass,
nicht Clash (bezogen auf die durchaus politische, aber auch kommerziell erfolgreiche
Band The Clash).“ Oftmals sind solche Bands elitär und sehen sich
als die „echten“ Punks an. Andere wiederum sehen politisches und moralisches Predigertum
als unvereinbar mit der Idee des Punk; in ihren Augen handelt es sich bei diesen
vermeintlich „echten Punks“ in Wahrheit um „verkleidete Hippies“.
Speziell Parteipolitik wird innerhalb der Punkszene abgelehnt.Äußerungen zu
politischen Geschehnissen und sozialen Problemen finden sich dennoch auch in den
Texten zahlreicher sich als unpolitisch verstehender Bands. Sozialistische Elemente
zeigen sich bei Bands wie The Clash und im „Working-Class“-Bewusstsein früher Oi!-Bands.
„Chaos“- und Anarcho-Punkbands stehen sich aufgrund ihres unterschiedliches
Verständnis von Anarchie teils kritisch gegenüber; so äußerte sich Wattie Buchan von
The Exploited abfällig über die Band Conflict. Wenngleich die Punkszene
größtenteils unpolitisch bis linkspolitisch geprägt ist, existiert neuerdings
eine Strömung namens Conservative Punk, der allerdings nur ein kleiner Teil
der Szene angehört. Angehörige dieser Strömung rechnen sich zwar dem Punk zu,
sehen sich aber als rechtskonservativ und lehnen sowohl linke Ideologien als auch
Anarchismus ab. Ex-Misfits-Sänger Michale Graves sagte, er glaube, dass der
DIY-Lebensstil das Äquivalent der Punkszene zum Thatcherismus darstelle.
Während des US-Wahlkampfs 2004 versuchten Angehörige dieses Spektrums,
Teile der Punkszene zur Wahl George W. Bushs zu bewegen; umgekehrt versuchte
NOFX-Sänger Fat Mike über seine Seite punkvoter.com und sein Samplerprojekt
Rock Against Bush, zur Wahl des Gegenkandidaten John Kerry zu bewegen.
Beide Lager stießen in der Punkszene auf Kritik, da diese Parteipolitik unterstützten.
Darüber hinaus existiert eine neonazistische, als Nazipunk bezeichnete Randströmung,
die von der übrigen Punkszene ebenso wie die Conservative Punks als
mit dem Selbstverständnis der Punks unvereinbar angesehen wird.
Zur politischen Praxis aktiver Punks gehört die Teilnahme an direkten Aktionen
wie Demonstrationen und Boykotts. In manchen Fällen schließt dies auch Gewalt ein.
Es kam auch schon zu Angriffen auf Tankstellen und Tierversuchslabore.
Das Versehen von Plakatwänden mit politischen Parolen (beispielsweise veränderte
Wahlplakate bei Wahlkämpfen) sowie Hausbesetzungen werden ebenfalls oft von
Punks mit durchgeführt. Ein Beispiel in Deutschland für eine aus der Punkbewegung
heraus entstandene politische Aktionsgruppe war Freizeit 81 in München. Gehackte
Computer sind eine neuere Form der Sabotage, die betrieben wird. Diese Aktionen haben
zum Ziel, soziale Änderungen zu bewirken, wenn das Gefühl entstanden ist, dass
andere Wege sich als ineffektiv erwiesen haben.

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